Das kulturelle Angebot einer Stadt ist mittlerweile ein allseits anerkannter Standort- und Wirtschaftsfaktor. Dank einer vielfältigen und aktiven Kunst- und Kulturszene werden Städte attraktiver für Touristen und für die Ansiedelung von Unternehmen. Die positiven Auswirkungen liegen dabei nicht nur in erwirtschafteten Umsätzen, sondern auch in hohen Imageeffekten für die Region.

Kreativität ist daher durchaus eine Wertschöpfungsgrundlage für Städte und Regionen zu betrachten. Dass städtische Kreativität eine Resource ist, deren Potenzial für den Stadtumbau noch zu wenig genutzt wird, ist auch das Ergebnis einer Workshop-Reihe des Instituts für Regionalentwicklung und Strukturplanung (IRS) und der Schader-Stiftung. Gerade die zeitgemäße Nutzung von Industriedenkmälern ist ein Teil nachhaltiger Stadtentwicklung. Die von der Bundesregierung verabschiedete »Nationale Nachhaltigkeitsstrategie« benennt flächenpolitische Ziele, die durch Revitalisierung von Brachflächen und das Ausschöpfen von Ausbau-, Umnutzungs- und Wiedernutzungspotenzialen erreicht werden sollen.

Kreative Milieus sind jedoch nicht gezielt produzierbar. Der Prozess der Aufwertung wird stark von der Aufmerksamkeit gesteuert, die die bislang vernachlässigten Liegenschaften infolge der Kreativaktivitäten erhalten.* Das Ermöglichen von »Aneignung« und Umformung brachliegender Standorte kann im Sinne einer Gründer- und Unternehmensförderung für die kreative Szene wirken. Will eine Kommune Kulturschaffende, Kleinstunternehmen und Hochschulabsolventen aus dem Kreativsektor in der Stadt halten, so sind die Öffnung und die Sicherung der Nutzung derartiger Standorte unabdingbar.

Auch die Stadt Wiesbaden kann von den Synergieeffekten aus der Verschränkung von Kultur und Stadtentwicklung profitieren, wenn die Aneignung und Umformung von Räumen durch Künstler, kreative Gründer, Selbstständige und Kleinstunternehmen möglich wird. Die Enquete-Kommission der Bundesregierung empfiehlt in ihrem Abschlussbericht »Kultur in Deutschland« Bund, Ländern und Kommunen, Kulturcluster als Mittel zur Bündelung von Ressourcen im kulturellen Sektor und zur Wertschöpfung zu fördern. Sie spricht sich ebenfalls dafür aus, Konzepte für die kultur- und kreativwirtschaftliche Nutzung von Übergangsräumen (»Transition Spaces«), d. h. von Zwischennutzungen, von kompetenten Institutionen entwickeln zu lassen, und kommunale Liegenschaften für Künstler und künstlerisch-kreative Akteure zugänglich zu machen, sofern eine andere Verwertung entsprechend den Zielen der Stadtentwicklung nicht möglich ist. **

Die Walkmühle soll ein durch und durch Wiesbadener Projekt werden, und zwar im Sinne einer über die eigentliche Bedeutung des Begriffes »public-private-partnership« hinausreichenden Verknüpfung von ehrenamtlichem Bürgerengagement, öffentlicher Hand und Wiesbadener Wirtschaftsunternehmen. Durch die innovative Form der kulturellen Mischnutzung kann die Walkmühle ein Vorzeigeprojekt werden, dessen Attraktivität und Strahlkraft weit über Stadtgrenzen hinausreicht.

Wiesbaden verfügt in weiten Teilen über eine geschlossene und intakte historische Bausubstanz, die ein besonderes Qualitätsmerkmal und erhaltungswürdiges Erbe der Stadt darstellt. Das vom Künstlerverein Walkmühle erarbeitete inhaltliche und in Kooperation mit der WIM (Wiesbadener Immobilien Managementgesellschaft) erarbeitete bauliche Konzept bietet die Chance, durch die Sanierung eines der letzten städtischen Industriedenkmäler und seiner Belebung mit einem zukunftsorientierten Kunst- und Kulturprojekt in beispielhafter Weise gleichzeitig Historisches zu bewahren und Innovatives zu fördern.


* Auszüge aus dem 3. Hessischen Kulturwirtschaftsbericht. Herausgegeben 2009 vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst und der Schader-Stiftung

** Nach Fesel, Bernd (2007 b): Zusammenfassung der Handlungsempfehlungen der Enquete-Kommission, Abschlussbericht »Kultur in Deutschland«, www.kulturpolitik-kulturwirtschaft.de



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